Migration: Wo Heidelberg nachlegen kann
In unserem aktuellen Stadtblattartikel versprechen wir die Antworten, die unser Stadtrat Bernd Zieger am Samstag beim politischen Speeddating des Interkulturellen Fests gab. Für uns steht dabei fest: Die Hürden für die gesellschaftliche Teilhabe von Geflüchteten müssen da abgebaut werden, wo sie existieren. Weiterhin muss der Ausländer- und Migrationsrat von den Migrant*innen dieser Stadt gewählt werden können. Demokratie muss ausgebaut statt beschnitten werden.
Gesundheit
Frage: „Wie stehen Sie als Partei zu der geplanten Einführung einer Gesundheitskarte für bereits angekommene Geflüchtete?“
Antwort: „Wir sprechen uns für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte aus, da sie für den Gleichbehandlungsgrundsatz in der Medizin steht. Hier muss die Stadt Vorreiter sein, wenn das Land selber keine Karte einführt. Modellprojekte mit Gesundheitskarten zeigen zudem, dass dies nicht nur eine menschlichere Lösung darstellt, sondern die Kommunen dadurch auch massiv öffentliche Gelder einsparen.“
Wie stehen Sie zu einem Gesundheitswegweiser für Migranten? (Wohin man sich/womit/wann wenden kann)
Wir sind absolut dafür, damit alle Betroffenen über das das Gesundheitswesen informiert werden können.
Ist eine Beratungsstelle für ältere/pflegebedürftige Migranten vorgesehen? (Unter Berücksichtigung der Herkunftssprache)
Vorgesehen ist dies bisher nicht, aber die Idee finden wir gut, weswegen man sie umsetzen sollte
Bildung & Kultur
Planen Sie eine Erhöhung der Haushaltsmittel für Kulturförderung, um zusätzliche Projekte mit Geflüchteten finanzieren zu können (z. B. Theaterstücke/ Musikveranstaltungen mit Beteiligung von Geflüchteten etc.)?
Wir unterstützen solche Projekte gern. Nichtsdestotrotz dürfen sie nicht zu Lasten einer Haushaltsdisziplin oder vor allem sozialer Projekte gehen.
Welchen Zugang haben Geflüchtete zu Universitäten?
Das ist leider kein Thema für die Kommunalpolitik. Land und Bund müssen hier schnell handeln, um einen diskriminierungsfreien Zugang zu höherer Bildung für alle – nicht nur für Geflüchtete – zu ermöglichen
Wie kann die Stadt für die verschiedenen Elterninitiativen, die muttersprachlichen Unterricht anbieten, eine zentrale Schule zur Verfügung stellen?
Das geht nur durch die Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln. Angesichts des Sanierungsstaus bei Schulen geben wir dem Anliegen wenig Chancen.
Wie steht Ihre Partei zum Thema niederschwellige Kulturförderung? Die seit 2016 gültigen Förderrichtlinien produzieren einen hohen Aufwand bei den Antragsstellern und wirken abschreckend. Ist eine Änderung vorgesehen? Wie kann man bei den Kulturrichtlinien sicherstellen, dass auch junge, nicht etablierte Formaten eine Chance haben?
Die Förderrichtlinien produzieren zwar einen gewissen Aufwand, sollen aber die Fairness bei den Förderungen verbessern. Wir sind daher der Meinung, dass die Richtlinien prinzipiell richtig sind, und nicht, dass sie abschreckend wirken. Wer eine Förderung wünscht, muss auch überzeugend darlegen können, weswegen.
Bei den institutionellen Förderungen sehen wir in der Tat eine gewisse Schieflage zuungunsten junger, nicht etablierter Formate und sprechen diese regelmäßig an.
Wohnungsmarkt/Bauen
Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, um bezahlbaren Wohnraum für Geflüchtete, Studierende und andere Geringverdiener zu schaffen?
Das geht zum Beispiel durch die Unterstützung von neuen Flüchtlingsunterkünften, z.B. aktuell im Kolbenzeil 7 bis 9.
Mindestens 30 Prozent aller Neubauten sollten Sozialwohnungen sein, bei denen die Miete etwa 5,50 Euro, maximal aber 8 Euro pro Quadratmeter beträgt. Dies könnte beispielsweise auf dem Gelände des ehem. US-Hospitals sowie im PHV verstärkt umgesetzt werden.
Bisher haben wir eine Neuberechnung der als angemessen geltenden Mieteobergrenzen für SGB-II- und SGB-XII-Empfänger*innen erreicht, was für viele Betroffene mehr Geld zum Leben bedeutet. Als weiteres Ziel nehmen wir uns vor, dass es beim Strom Sozialtarife gibt.
Wie viel ist der aktuelle Bedarf an neuem Wohnraum in Heidelberg? Wie kann er schnellstmöglich gedeckt werden? (nicht nur im Bezug auf Wohnraum für Geflüchtete)
Das PHV soll stärker als Wohngebiet statt Gewerbegebiet genutzt werden (mindestens 50 Prozent Wohnfläche). Die geplanten Maßnahmen in der Bahnstadt und auf den Konversionsflächen reichen allerdings nicht aus um den Bedarf an Wohnraum zu decken. Mitte Oktober wird Stadt dazu Handlungsprogramm Wohnen vorstellen. Dazu werden wir unter Umständen weitere Vorschläge einreichen.
Wie kann man sicherstellen, dass Heidelberg gemischte Stadtteile hat. (z. B., indem man verhindert, dass Geflüchtete in den Anschlussunterbringungen vorwiegend in sozial schwächere Gegenden ziehen müssen?)
Es muss einen stärkeren Beitrag der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GGH beim Thema dezentrale Unterkünfte geben. Die aus unserer Anfrage genannten 30 bis 35 Wohnungen pro Jahr sind entschieden zu wenig. Darüber hinaus muss auch in „gehobenen Gegenden“ nach dezentralen Wohnmöglichkeiten gesucht werden.
Partizipation
Wie soll die Teilhabe von Menschen mit Migrationsgeschichte im öffentlichen, kulturellen und politischem Leben erhöht werden?
Der Ausländer- und Migrationsrat (AMR) sollte weiter direkt gewählt werden. Dabei sind konkrete Maßnahmen zur Verbesserung bei der Wahlbeteiligung erforderlich. Wir schlagen vor, dass der AMR wie auch der Beirat für Menschen mit Behinderung (bmb) in den Ausschüssen des Gemeinderates ein Stimmrecht bekommen und sein Einfluss auf demokratische Entscheidungen gestärkt wird.
Wie möchten Sie Menschen mit Migrationsgeschichte bessere Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt als Beschäftigte oder als Unternehmer*innen eröffnen?
Das ist vornehmlich ein bundespolitisches Thema. Dennoch können kreisfreie Städte beispielsweise mit dem neuen Bundesgesetz die Vorrangprüfung für Asylbewerber*innen durch ein neues Bundesgesetz für drei Jahre aussetzen, was den aktuell hier lebenden Geflüchteten zugute kommen kann. Langfristig muss darauf hingewirkt werden, dass die diskriminierende Vorrangprüfung abgeschafft wird.
Grundsätzlich benötigen wir wirtschaftlich wieder mehr wachstums- und nachfrageorientierte Impulse, damit mehr Arbeitsplätze entstehen.
Wie wollen Sie Geflüchtete über ihre Rechte informieren und wichtige Informationen zu bürokratischen Abläufen zugänglich machen? (Amtliches Infomaterial in einfacher Sprache, Dolmetscher)
Wir unterstützen die Bereitstellung von amtlichen Informationen in Leichter Sprache, wie es gerade die Pädagogische Hochschule Heidelberg vormacht. Für Dolmetscher müssen weitere Stellen innerhalb der Verwaltung geschaffen werden. Das wäre ein Thema für die Haushaltsberatungen.