Das Attentat von Mannheim vor dem Innenausschuss des Landtags von Baden-Württemberg
Als Reaktion auf die erschütternden Anschläge, die im Winter in Magdeburg und Aschaffenburg Tote und Verletzte gefordert hatten, hatten Medien und Parteien lautstark nach Maßnahmen zur Verschärfung der Migrationspolitik gerufen. So, als seien Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund die Ursache für menschenverachtende und gemeingefährliche Anschläge und Gewaltverbrechen. Friedrich Merz machte die Migration zum Hauptthema im Wahlkampf und preschte mit einem Fünfpunkteplan zum faktischen Einreiseverbot, das gegen Europarecht und Grundgesetz verstößt, vor. Im Bundestag beging er den Tabubruch, diesen migrationsfeindlichen Antrag gemeinsam mit der AfD zu verabschieden.
Ganz anders die Reaktionen auf das letzte Attentat, die Amokfahrt am Rosenmontag in Mannheim. Keine lang anhaltende öffentliche Aufregung, keine Forderungen, wie solche Taten in Zukunft zu verhindern seien. Am 18. März befasste sich, von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, der Innenausschuss des baden-württembergischen Landtags damit. Zwar stellte Innenminister Strobl (CDU) fest, es gäbe „keine Hinweise auf ein politisches oder extremistisches Motiv des Täters“. Aber – zugleich „schließe man ein politisches Motiv nicht aus“. Ein Widerspruch, aber kein Aufschrei, kein Ruf nach durchgreifenden Maßnahmen.
Entsetzen am Rosenmontag
Was war geschehen? Ein 40-jähriger deutscher Autofahrer war am 3. März in der Innenstadt von Mannheim mit hoher Geschwindigkeit in eine Menschenmenge gefahren. 15 Personen wurden teils schwer verletzt, 2 Menschen starben. Über den Täter wissen wir, dass er aus Ludwigshafen stammt und dass es Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung gibt. Aber auch, dass es Hinweise auf Kontakte ins rechtsextreme Milieu gibt, dass er an Versammlungen von Reichsbürgern teilgenommen hat und dass er 2018 verurteilt wurde, weil er ein Foto von Adolf Hitler mit „Sieg Heil from Germany“ auf Facebook kommentiert hat.
Ein Taxifahrer hatte den Täter gestoppt. Er hat verhindert, dass noch mehr Menschen verletzt oder getötet wurden. „Ich bin kein Held. Ich bin Muslim“, sagte der pakistanisch-stämmige Taxifahrer im Gespräch mit dem Mannheimer Oberbürgermeister. Seine Religion habe es für ihn selbstverständlich gemacht, einzugreifen und Mitmenschen zu schützen.
Reaktionen auf Gewalttaten
Die Menschen in Mannheim standen tagelang unter Schock. Doch in den Medien, im Internet und in Reden von Politikern und Politikerinnen wurde diesem Vorfall schon bald kaum noch Aufmerksamkeit zuteil. Ganz im Unterschied zu anderen Anschlägen wie im Dezember in Magdeburg, im Januar in Aschaffenburg, im Februar in München oder dem Messerangriff im Mai 2024, der in Mannheim einem Polizisten das Leben kostete. Diese Anschläge waren aus unterschiedlichen Motiven von sehr unterschiedlichen Männern, die ursprünglich aus Afghanistan beziehungsweise Saudi-Arabien stammten, verübt worden. Gewalttaten und Amokläufe sind aber nicht die Erfindung von Geflüchteten, Migranten oder Muslimen. Sie sind der Endpunkt einer meist von außen unvorhersehbaren Entwicklung, weswegen sie auch leider niemals vollständig verhindert werden können.
Menschen mit Migrationshintergrund sind oft Opfer bei den Angriffen. In Aschaffenburg starb unter anderem ein zweijähriger Junge marokkanischer Herkunft, in München starben eine Frau algerischer Herkunft und ihre Tochter. Und in Mannheim hat ein muslimischer Taxifahrer, der in Pakistan geboren wurde, noch Schlimmeres verhindert. Der 40-jährige Landschaftsgärtner aus Ludwigshafen ist nicht der einzige Deutsche, dem bei einem Amoklauf Menschen zum Opfer fielen. In Heidelberg kamen Menschen 2017 und 2022 bei Amokläufen bzw. -fahrten ums Leben. Beide Täter waren Deutsche.
Auch Dossenheim war der Schauplatz eines Amoklaufs. Im August 2013 schoss ein 71-jähriger Mann, ebenfalls ein Deutscher, im Nebenraum eines Restaurants um sich, verletzte 5 Personen und tötete 2 Menschen und anschließend sich selbst. Motiv waren Streitigkeiten über Hausnebenkosten.
Keine „Migrationswende“, keine pauschale Verurteilung von Geflüchteten, keine Grenzschließung und keine „Abschiebungsoffensive“ wird solche Gewalttaten verhindern. Stigmatisierung und Ausgrenzung von Geflüchteten, Asylsuchenden, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen unterschiedlicher Religionen oder Hautfarbe führt im Gegenteil zur Entsolidarisierung und gefährdet den inneren Frieden. Vor einem Jahr veröffentlichte die Bundeszentrale für politische Bildung folgende Mitteilung: „Flüchtlingsfeindliche Einstellungen können in realer Gewalt münden. 2023 registrierte die Polizei eine deutliche Zunahme von Angriffen auf Geflüchtete. In den ersten neun Monaten erfassten Polizeibehörden des Bundes und der Länder bereits 1.403 Straftaten gegen Geflüchtete. Die meisten dieser Straftaten waren politisch rechts motiviert.“
Wer sind die Täter?
Was allen Tätern gemeinsam ist, ist weder Herkunft noch Religion noch Tatwaffe noch Staatsangehörigkeit noch Motiv. Sondern alle diese Täter sind und waren Männer. Männer, die es nicht gelernt haben, mit ihren Gefühlen, mit Zurückweisungen, mit Kränkungen, mit Enttäuschungen, mit Wut umzugehen. Daher ist es bitter notwendig, mehr wirksame Programme zur Gewaltprävention mit Männern als Zielgruppe zu entwickeln und einzurichten. Schon in Kindergarten und Schule müssen präventive Anti-Gewalt-Programme etabliert werden, auch solche, die speziell für Jungen zugeschnitten sind. So wie Mädchen heute lernen, dass sie „nein“ sagen können und dass „nein heißt nein“ gilt, so müssen Jungen von klein auf spielerisch lernen, konstruktiv mit Gefühlen umzugehen. Oder wie die mehr als 100-fach vergewaltigte Französin Gisèle Pelicot zu Beginn des Gerichtsprozesses sagte: „Erzieht eure Söhne!“.
Integration und Gewaltprävention statt Verschärfung der Asylpolitik
Die Partei Die Linke spricht sich energisch gegen eine Verschärfung der Asylpolitik und gegen soziale Ausgrenzung von Migrantinnen und Migranten aus. Der Ortsverband Dossenheim unterstützt alle Ansätze, die zum Schutz und zur Integration Geflüchteter beitragen. In der Gemeinde Dossenheim lebten 2024 insgesamt 425 geflüchtete Personen, die von Hauptamtlichen der Gemeinde und von Mitgliedern des Asylkreises betreut und unterstützt werden. Auch weiterhin dürfen hier Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund nicht zu Sündenböcken gemacht werden, sondern sollen sich sicher fühlen und wissen, dass sie Teil der Gesellschaft sind.
Ein Beitrag von Sabine Giovannini
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